Änderungsgenehmigung bei rechtlicher Neubewertung einer BImSchG-Anlage? – Urt. des OVG Sachsen-Anhalt v. 18.07.2018

In seinem Urteil vom 18. Juli 2018 (Az.: 2 L 46/15) hatte das OVG Sachsen-Anhalt über die Frage zu entscheiden, ob die nachträgliche Zuordnung einer bereits immissionsschutzrechtlich genehmigten Anlage zu einer anderen Ziffer des Anhangs 1 der 4. BImSchV dazu führt, dass diese Anlage einer Änderungsgenehmigung nach § 16 Abs. 1 BImSchG bedarf.

Im konkreten Fall handelte es ich um eine Anlage zur chemischen Behandlung nach Nr. 8.8 des Anhangs der 4. BImSchV a. F., die allerdings in der erteilten Genehmigung als Anlage im Sinne der Nr. 8.11 aa) Spalte 1 und Nr. 8.12. Spalte 1 des Anhangs der 4. BImSchV a. F. eingestuft wurde. Nach Ansicht der beklagten Behörde sei der bereits im Jahr 2007 immissionsschutzrechtlich genehmigte Betrieb der streitgegenständlichen Anlage rechtswidrig, weil diese im Genehmigungsbescheid nicht unter die einschlägige Ziffer des Anhangs 1 der 4. BImSchV eingestuft wurde. Aufgrund dieser fehlerhaften Einordnung sei nun ein Änderungsgenehmigungsverfahren im Sinne des § 16 Abs. 1 BImSchG durchzuführen.

Das Oberverwaltungsgericht Sachsen–Anhalt stellte jedoch ausdrücklich fest, dass es einer solchen Änderungsgenehmigung nicht bedurfte, da es sich nicht um eine wesentliche Änderung der Anlage i. S. d § 16 Abs. 1 BImSchG handelte. Selbst eine Anzeige nach § 15 BImSchG sei nicht erforderlich. Sowohl die Anzeigepflicht nach § 15 Abs. 1 BImSchG als auch die Genehmigungspflicht nach § 16 Abs. 1 BImSchG setzen eine Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs der Anlage voraus. Eine solche Änderung lag hier jedoch gerade nicht vor. Vielmehr wurde die bereits genehmigte Anlage nachträglich einer anderen Ziffer des Anhangs 1 der 4. BImSchV zugeordnet. Darin liegt nach Ansicht des Gerichts nur eine rechtliche Neubewertung und keine „Änderung“ i. S. v. § 16 Abs. 1 BImSchG. Im Fall einer fehlerhaften Zuordnung komme allein die Rücknahme der Genehmigung nach § 48 VwVfG in Betracht, sofern diese formell oder materiell rechtswidrig ist, nicht jedoch eine Änderung nach §§ 15, 16 BImSchG.

Die Entscheidung des Gerichts erweist sich als sachlich zutreffend und kann künftig in vergleichbaren Konstellationen die Sichtweise des betroffenen Unternehmens stützen.

 

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Köln, 15.04.2019

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